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Interview

PD Dr. Laura Schmidt - Gesundes Altern beginnt im Kopf

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im Februar 2025

Artikelbild PD Dr. Laura Schmidt - Gesundes Altern beginnt im Kopf

PD Dr. Laura Schmidt hat Psychologie an der Universität Heidelberg studiert und hat ihre Promotion und Habilitation im Bereich der Gesundheitspsychologie und Alternsforschung abgeschlossen. Ihr Forschungsfokus liegt auf Interventionen zur Verhaltensänderung in Bereichen wie Bewegung, Schlaf und Stressregulation. Zudem arbeitet sie in einem Health Tech Start-up (Oska Health GmbH) als Senior Behavior Scientist und entwickelt dort ein Programm weiter, das Menschen mit chronischen Erkrankungen dabei unterstützt, Gesundheitskompetenz aufzubauen und durch gezielte Lebensstiländerungen ihre Gesundheit bestmöglich zu erhalten.

Du forscht schon lange im Bereich Gesundheitspsychologie und Alternsforschung. Wie kommt man dazu, sich in jungen Jahren mit dem Thema Altern zu beschäftigen?

Mein Interesse für diese Themen begann schon sehr früh im Studium. Bereits im zweiten Semester stieß ich auf eine Hiwi-Jobausschreibung in der Alternsforschung – ein Bereich, der mich sofort fasziniert hat. Ich  durfte als junge Studentin strukturierte Interviews und Testungen innerhalb verschiedener  großer Längsschnitt-Studien führen. .

Diese Arbeit hat mich tief geprägt. Ich habe Hausbesuche bei älteren Menschen im Raum Heidelberg, Mannheim, im Odenwald und in der Pfalz gemacht. Viele dieser Menschen habe ich über Jahre hinweg immer wieder für die Interviews besucht – oft zweimal im Jahr. Mit ihnen habe ich motorische, kognitive und sensorische Tests durchgeführt, aber auch sehr persönliche Gespräche geführt. Der Fragenkatalog bezog sich auf  Lebenszufriedenheit, Sichtweisen auf das Älterwerden, soziale Beziehungen, Mobilität und sogar sehr detailliert auf Themen wie Sterben und Tod .

Was mich besonders berührt hat, war die Offenheit der Menschen. Viele von ihnen haben mich im Rahmen dieser Studien immer wieder in ihr Leben gelassen, mir vertraut, selbst bei den schwierigsten Themen. Es hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass es keine Tabus bei schwierigen Themen gibt. – Diese Erfahrungen haben mir nicht nur wissenschaftlich, sondern auch menschlich unglaublich viel mitgegeben.

Oft hat man als jüngerer Mensch eine sehr negative Sicht auf das Älterwerden. Doch je älter Personen werden, desto mehr berichten sie auch von positiven Seiten und Gewinnen: Sie müssen weniger den Erwartungen anderer hinterherlaufen, entwickeln mehr Gelassenheit, Weisheit und können bewusster auf sich achten. Viele betonen, dass sie besser entscheiden können, was sie wollen – und das betrifft nicht nur Hochaltrige, sondern ist bereits in der mittleren Lebensphase spürbar.

PD Dr. Laura Schmidt
PD Dr. Laura Schmidt

Hast Du dabei einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gesehen?

Es gibt das Konzept des „Double Standard of Aging“, dieser Begriff wurde ursprünglich von der amerikanischen Soziologin Susan Sontag geprägt. Das Konzept beschreibt, dass Frauen in der westlichen Welt im höheren Alter oft negativer wahrgenommen werden.Besonders in Bereichen wie Aussehen und Körperlichkeit fühlen sich Frauen oft stärker abgewertet als Männer und einem stärkeren Druck ausgesetzt, jung und attraktiv zu bleiben. Männer hingegen werden für andere Qualitäten wie Macht, Kompetenz oder Erfolg geschätzt, wodurch Alter bei ihnen weniger negativ wahrgenommen wird. Gleichzeitig zeigt sich in den Medien ein ähnliches Bild: In Talkshows oder anderen Formaten sind ältere Männer häufiger in Expertenrollen präsent, während Frauen seltener sichtbar sind, zum Glück gibt es hier inzwischen auch einige positive Veränderungen, – beispielsweise durch mehr Hauptrollen für ältere Frauen in Spielfilmen. 

Entscheidend ist aber, was Menschen selbst über das Älterwerden denken. Negative Einstellungen können wie eine selbsterfüllende Prophezeiung wirken: Studien, die über mehrere Jahrzehnte laufen, zeigen, dass Menschen mit pessimistischen Sichtweisen auf das Altern im mittleren Lebensalter später schlechtere Gesundheitsverläufe haben – darunter eine höhere Mortalität, geringere Gedächtnisleistungen und ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Diese Ergebnisse bleiben auch bestehen, wenn Gesundheitsstatus und Biomarker kontrolliert werden.

Es ist daher nicht nur gesellschaftlich, sondern auch individuell äußerst relevant, welche Haltung wir zum Altern einnehmen. Ein differenzierter Blick auf das eigene Älterwerden inklusive positiver Aspekte  kann langfristig Gesundheit und Wohlbefinden fördern – das zeigen die Daten auf beeindruckende Weise.

Gerade die mittlere Lebensphase, in der auch die Wechseljahre liegen, spielt eine entscheidende Rolle. Es geht darum, einen realistischen Umgang mit den Veränderungen zu finden – Dinge zu akzeptieren, die nicht beeinflussbar sind, aber auch aktiv an positiven Veränderungen zu arbeiten.

PD Dr. Laura Schmidt
PD Dr. Laura Schmidt

Dabei meine ich nicht, alles unrealistisch positiv zu sehen, sondern gezielt Selbstbeobachtung einzusetzen: An welchen Tagen geht es mir gut, womit hängt das zusammen, an welchen Stellen kann ich selbst etwas Positives beitragen?

Was kann man dafür tun?

Eine wichtige Methode, um das zu fördern, ist das Führen eines Tagebuchs. Diese Technik wird häufig eingesetzt, damit Menschen ihren Alltag, ihre Gewohnheiten und ihr Wohlbefinden dokumentieren. Danach schließt sich eine Intervention an, bei der konkrete Pläne entwickelt werden, zum Beispiel im Bereich Bewegung: Wann, wie, wo und mit wem setze ich eine Bewegungsaktivität um?

In Tagebuchstudien mit Menschen im mittleren und höheren Erwachsenenalter konnten wir zeigen, dass sich Wohlbefinden und Energielevel von Tag zu Tag stark unterscheiden können, was sich gut auf die Wechseljahre übertragen lässt. An Tagen, an denen Frauen mehr Schritte gehen – gemessen durch ein Tracking-Armband – berichten sie von besserer Stimmung, besserem Schlaf und einem positiveren Erleben des Älterwerdens. Diese Erkenntnis verdeutlicht, dass solche Faktoren nicht fix, sondern variabel sind, sondern aktiv beeinflusst werden können.

Hier können also gezielte Interventionen ansetzen. Ein Ansatz, den wir bei Oska Health aber auch in vielen weiteren Projekten nutzen, ist der Health Action Process Approach, das sogenannte HAPA-Modell (Schwarzer, 2008), das darauf abzielt, Menschen je nach ihrer aktuellen Phase der Verhaltensänderung zu unterstützen. Im ersten Schritt geht es häufig darum, eine gewisse Selbstwirksamkeit aufzubauen.Außerdem fragen wir nach: Haben die Personen bereits eine Risikowahrnehmung oder eine klare Handlungsergebniserwartung? Diese frühen Faktoren sind entscheidend, um den Grundstein für das Bilden einer Intention zu legen. Intention bedeutet, dass eine Person die bewusste Absicht oder den Vorsatz hat, ein bestimmtes gesundheitsbezogenes Verhalten auszuführen. Das ist auch bei meiner Arbeit beim Health Start-up Oska relevant, wo wir mit Menschen arbeiten, die eine oder mehrere chronische Erkrankungen haben. Hier schauen wir zunächst, ob sie das Gefühl haben, dass eine Verbesserung ihrer Situation überhaupt im Rahmen ihrer Möglichkeiten liegt, welche Motive Personen schon mitbringen, z.B: “ich möchte belastbarer im Alltag sein”, bauen Gesundheitskompetenz bezüglich der jeweiligen Erkrankungen auf und gehen dann in die Umsetzung von Lebensstilveränderungen.

Die fehlende Selbstwirksamkeit begegnet uns auch in anderen Kontexten, wie zum Beispiel den Wechseljahren. Manche Frauen denken vielleicht: „Das ist eben so, da kann man nichts machen“ oder haben nur vage von Hormontherapien gehört, ohne sich handlungsfähig zu fühlen. In solchen Fällen liegt der erste Fokus darauf, den Glauben an die eigene Fähigkeit zu stärken, aktiv etwas zu verändern oder zu verbessern.

PD Dr. Laura Schmidt
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Es gibt verschiedene Techniken, um diese Selbstwirksamkeit zu steigern. Dazu gehören zum Beispiel kleine Erfolgserlebnisse, die das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit stärken, oder das Beobachten und Nachahmen von Vorbildern, die ähnliche Herausforderungen gemeistert haben. Diese Schritte schaffen eine Grundlage, auf der sich nachhaltige Verhaltensänderungen aufbauen lassen – egal ob es um Gesundheitsverhalten, die Bewältigung chronischer Erkrankungen oder den Umgang mit hormonellen Veränderungen geht.

Wie kann man gezielt anfangen, etwas zu verändern, wenn man bemerkt, dass man sich in den Wechseljahren nicht mehr so wohl fühlt wie früher? Gibt es noch weitere Ansätze, um mit solchen Gefühlen oder Beobachtungen umzugehen?

Ein wichtiger erster Schritt ist der Aufbau der schon kurz erwähnten Gesundheitskompetenz, die ich sogar vor dem Führen eines Tagebuchs ansiedeln würde. Das bedeutet, sich darüber klar zu werden, was typische Symptome in den Wechseljahren sein können und wie sie eingeordnet werden können. Ebenso wichtig ist es, zu erkennen, was möglicherweise auf andere Ursachen zurückzuführen ist. Gesundheitskompetenz umfasst sowohl Wissen über Symptome und Zusammenhänge als auch die Fähigkeit, dieses Wissen auf die eigene Situation anzuwenden.

Dabei geht es zunächst darum, verlässliche Informationen zu finden – ein Punkt, der oft schon eine Herausforderung darstellt. Plattformen wie deine sind hier besonders wertvoll, weil sie Informationen gebündelt, verständlich und wissenschaftlich fundiert bereitstellen, sodass auch Personen ohne medizinischen Hintergrund sie nachvollziehen können. Der zweite Schritt ist, dieses Wissen auf die persönlichen Symptome zu beziehen und es im Alltag anzuwenden – also konkret herauszufinden, wie ich Veränderungen erkennen und darauf reagieren kann.

Ein wesentlicher Anfang ist, sich umfassend Wissen anzueignen: „Was trifft auf mich zu? Was sind meine Möglichkeiten?“ Wenn man sich über Symptome und mögliche Behandlungsoptionen, wie etwa Hormontherapie, informiert hat, stellt sich die Frage, wie man diese Erkenntnisse in den Alltag übersetzen kann. Gerade bei Herausforderungen wie Bewegung, wenn man früher vielleicht sportlich war, aber lange Zeit nichts mehr gemacht hat, fällt es schwer, einen Einstieg zu finden.

Ein nützlicher nächster Schritt ist, nach der Informationsphase zu überlegen, wie man die Veränderungen anpacken möchte. Wenn man sich beispielsweise für Bewegung motivieren möchte, kann ein Tagebuch helfen, die Symptome und den Verlauf zu beobachten. Es ist wichtig, dabei nicht nur die Beschwerden, sondern auch positive Erfahrungen zu notieren. Dazu gehört zu beobachten, wie man sich fühlt, wenn man sich bewegt hat – etwa ob man sich entspannter fühlt oder die Stimmung hebt. Positive, schnelle Effekte wie diese sind oft motivierender als langfristige Risiken, die weniger greifbar sind.

Zusätzlich kann Akzeptanz und Selbstfürsorge eine Rolle spielen, um sich mit den Veränderungen anzufreunden. Man kann dann auch feststellen, dass die Befürchtungen, wie etwa übermäßige Hitzewallungen, nicht eintreten oder im Rahmen bleiben, was zu mehr Vertrauen in die eigene Fähigkeit führt, mit diesen Veränderungen umzugehen.

PD Dr. Laura Schmidt
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Schließlich kann es hilfreich sein, Unterstützung in Form einer individuellen Begleitung und Beratung zu suchen, um gezielte Interventionen anzugehen und die eigenen Ziele zu verfolgen.

Ein zusätzlicher hilfreicher Tipp wäre, nach sozialer Unterstützung zu suchen. Nachdem man sich gut informiert hat, könnte es sinnvoll sein, sich mit anderen auszutauschen – insbesondere mit Personen, die ähnliche Erfahrungen machen oder bereits erfolgreich mit den Veränderungen umgehen. Der Austausch mit Menschen, die diese Phase durchlaufen, kann sehr unterstützend sein. Auch das Finden von Vorbildern oder Rollenmodellen, die offen über ihre Erfahrungen sprechen, kann helfen, eigene Unsicherheiten zu überwinden und neue Perspektiven zu gewinnen. Solche sozialen Verbindungen bieten nicht nur emotionale Unterstützung, sondern können auch praktische Tipps und Motivation liefern, um die eigenen Ziele umzusetzen.

Was genau sind Rollenmodelle oder Rollenbilder?

In Studien haben wir gezielt Rollenvorbilder eingesetzt, z.B. für aktives Älterwerden oder, federführend meine Kollegin Prof. Dr. Nadine Ungar bei Krebspatient*innen, um Unsicherheiten zu überwinden und die eigene Aktivität zu fördern. Früher wurde oft geraten, sich bei einer Krebserkrankung zu schonen, doch inzwischen gibt es viele Belege dafür, dass Bewegung positive Auswirkungen hat – von der Linderung von Fatigue und den Nebenwirkungen der (Chemo-)Therapie bis hin zu verbesserten Überlebenschancen. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation von mindestens 150 Minuten moderater Aktivität pro Woche plus zweimal Krafttraining wird sehr oft nicht erreicht. Deshalb haben wir Krebspatient*innen mit anderen, bereits körperlich aktiven Betroffenen zusammengebracht, um Motivation und Unterstützung zu fördern.

Wir setzen auch gezielt Rollenmodell-Videos ein, bei denen das Geschlecht und das Alter übereinstimmen, damit die Personen sich besser identifizieren können. Bei Oska Health arbeiten wir ähnlich: Wir fragen nach den sozialen Ressourcen der Menschen und empfehlen, diese zur Unterstützung aktiv einzubinden. Wenn jemand eine Freundin oder einen Partner hat, der ebenfalls regelmäßig sportlich aktiv ist, hilft das enorm, um in die Routine zu kommen. Diese soziale Unterstützung, kombiniert mit konkreter Planung, um Barrieren zu antizipieren und Alternativen zu finden, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass gesetzte Ziele wirklich umgesetzt werden.

Du hattest eben vom HAPA Modell erzählt. Kannst Du darauf näher eingehen?

Das HAPA-Modell (Health Action Process Approach) von Ralf Schwarzer, einem emeritierten Professor der FU Berlin, ist ein Phasenmodell des Gesundheitsverhaltens, das sich flexibel auf verschiedene Bereiche wie Schlaf, Bewegung und Ernährung anwenden lässt. Wir nutzen es, um in der ersten Phase, der Motivationsphase, zu klären, welche Faktoren – Risikowahrnehmung, Handlungsergebniserwartung und Selbstwirksamkeit – eine Rolle spielen.

In dieser frühen Phase (Motivationsphase), besonders bei Frauen, die gerade in die Wechseljahre kommen oder noch nicht viel darüber wissen, geht es darum, Informationen über die möglichen spezifischen Risiken in dieser Phase und gleichzeitig zu positiven Auswirkungen bestimmter Lebensstiländerungen zu vermitteln. Häufig sind Frauen sich noch nicht bewusst, wie wichtig beispielsweise Muskelaufbau in den Wechseljahren ist oder wie sich der sinkende Östrogenspiegel auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirken kann. Das Ziel ist, durch diese Informationen eine positive Handlungsergebniserwartung aufzubauen: Wenn ich bestimmte Maßnahmen ergreife, kann ich meine Symptome verbessern. Und schließlich die Selbstwirksamkeit stärken – also das Vertrauen, dass ich selbst etwas bewirken kann.

In dieser zweiten Phase (Volitionsphase) geht es um die Umsetzung. Hat die Person die Informationen verarbeitet, Gesundheitskompetenz aufgebaut und konkrete Ziele formuliert, folgt der nächste Schritt: die Implementierung in den Alltag. Hier setzen wir uns mit der Person zusammen, um das Ziel realistisch zu formulieren und es in konkrete Handlungspläne zu übersetzen. Dabei betrachten wir mögliche Barrieren und Ressourcen, wie etwa unterstützende Personen im Umfeld. Ein Beispiel für Barrieren in den Wechseljahren könnte sein, wie das Arbeitsumfeld den Umgang mit den Symptomen beeinflusst, sei es durch unflexible Arbeitsbedingungen oder das Gefühl, immer stark sein zu müssen. Hier schließt sich nun wieder die konkrete Planung an, einmal das Action Planning, also wie, wann, wo, und ggf. mit wem möchte ich welche Bewegungsaktivität einbauen, um in diesem Beispiel zu bleiben. Gleichzeitig antizipiert man Barrieren, die auftreten können, z.B. was mache ich stattdessen, wenn ich eine Erkältung habe, wenn das Wetter schlecht ist, wenn Person X keine Zeit hat oder wenn ich gerade bestimmte Beschwerden, die mit den Wechseljahren zu tun haben, bewerke? Dieses Coping Planning, also das Durchdenken von Alternativplänen, hilft, Strategien parat zu haben, wenn es anders kommt als gedacht. Z.B. „Wenn ich sehr schlecht geschlafen habe und nach der Arbeit zu müde bin, werde ich einen Spaziergang machen, anstatt das geplante Training ausfallen zu lassen.“

Wie kann man die Selbstwirksamkeit in Bezug auf die Wechseljahre stärken, um aus dem Mindset "da muss man durch, das muss man aushalten" herauszukommen und zu erkennen, dass Lebensstiländerungen, wie Bewegung und Sport, positive Auswirkungen haben können?

Ein effektiver Ansatz zur Steigerung der Selbstwirksamkeit in den Wechseljahren umfasst nach Albert Bandura vier Quellen:

Erstens, 'Mastery Experience' – das bedeutet, sich auf vergangene Erfahrungen zu konzentrieren, in denen man bereits Herausforderungen gemeistert hat. In den meisten Lebensphasen gab es schon Übergänge oder Schwierigkeiten, die überwunden wurden. Indem man sich auf diese positiven Erfahrungen zurück besinnt, kann man erkennen, welche Stärken und Ressourcen einem damals geholfen haben. Zum Beispiel könnte man bei der Frage nach Bewegungsförderung darauf eingehen, welche Aktivitäten einem früher Freude gemacht haben oder was bei einer gesünderen Ernährung geholfen hat.

Zweitens gibt es die schon erwähnten Role Models oder 'stellvertretende Erfahrungen'. Hierbei geht es darum, sich an Menschen zu orientieren, die ähnliche Herausforderungen erfolgreich gemeistert haben. Diese Vorbilder können inspirieren und den Glauben an die eigene Fähigkeit stärken.

Drittens, Überzeugung durch Expert*innen: Wenn Fachleute, wie in Interviews oder auf Plattformen, aufzeigen, dass Veränderungen wie mehr Bewegung oder eine gesunde Ernährung Symptome lindern und das Körpergefühl verbessern können, und dass dies kleinschrittig auch in dieser Lebensphase machbar ist, stärkt das das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit.

Die vierte Quelle, die eigene Wahrnehmung von Erregungszuständen und Gefühlen, spielt ebenfalls eine große Rolle. Ein häufiges Beispiel ist die Bewegung: Viele Menschen befürchten, dass sie bei körperlicher Aktivität übermäßig schwitzen oder dass ihr Herz rast, besonders wenn sie Hitzewallungen haben. Doch oft ist diese Angst unbegründet. Wir ermutigen die Teilnehmenden, in kleinen Schritten zu starten, und in den meisten Fällen erleben sie, dass die Symptome nicht so schlimm sind wie erwartet.

Diese vier Quellen – vergangene Erfolge, Vorbilder, Expertenwissen und Wahrnehmung der körperlichen und emotionalen Zustände – helfen dabei, aus dem Gefühl des "ich kann nicht machen und muss es aushalten" herauszukommen und stattdessen aktiv Veränderungen anzustreben.

Hast Du einen Tipp oder eine Übung, den du Frauen mit auf den Weg geben möchtest?

Mein Tipp wäre, gezielt nach einem guten Rollenmodell zu suchen. Gerade in den Wechseljahren ist es wichtig, jemanden zu finden, dem man vertraut und bei dem man sich öffnen kann, um offen über das Thema zu sprechen. Es geht darum, jemanden zu finden, der das Älterwerden differenziert und positiv reflektiert, statt  Schönheitsidealen hinterherzujagen. So kann man lernen, das Älterwerden aus einer neuen Perspektive zu sehen und zu akzeptieren.

Die Sichtweise ist entscheidend – viele Dinge ändern sich zwar, aber viele davon können aktiv mitgestaltet werden.

Unsere Me-not-Frage: Was ist dein Wunsch für die Wechseljahre?

Ich wünsche mir, dass Frauen leichter die Möglichkeit bekommen, ihre Gesundheitskompetenz bezüglich der Wechseljahre aufzubauen. Denn es gibt oft niemanden, der sich wirklich Zeit für diese Themen nimmt – Termine bei Gynäkolog*innen sind meistens sehr kurz. Plattformen wie eure sind da so wichtig, weil sie Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen bieten und zugleich zeigen, wie es andere Frauen handhaben. 

Es geht auch darum, dass Frauen sich untereinander austauschen und erkennen, dass sie nicht allein sind. Soziale Normen spielen hier eine große Rolle, denn viele wissen gar nicht, wie es ihren Freundinnen in den Wechseljahren geht und was diese diesbezüglich unternehmen.

Zusammenfassung:

Dr. Laura Schmidt ist Expertin für Gesundheitspsychologie und Alternsforschung. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich auf die Unterstützung von Menschen bei gesundheitsfördernden Verhaltensänderungen, insbesondere durch kleine, alltagstaugliche Schritte.

Sie berichtet, dass die Einstellung zum Altern einen entscheidenden Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden hat. Wer Altern als reinen Abbauprozess betrachtet, neigt zu ungünstigerem Verhalten. Positivere Sichtweisen können hingegen präventives Handeln fördern. Besonders bei Frauen zeigt sich das „Double Standard of Aging“: Während Männer im Alter oft für Kompetenz und Erfolg geschätzt werden, stehen Frauen unter größerem Druck, jung zu bleiben.

Dr. Schmidt empfiehlt evidenzbasierte Methoden wie das HAPA-Modell zur Förderung gesunden Verhaltens, insbesondere in den Wechseljahren. Hierbei geht es um Motivation, Selbstwirksamkeit und konkrete Handlungsplanung. Sie betont, dass kleine Schritte, Tagebuchführung und soziale Unterstützung helfen können, Veränderungen nachhaltig umzusetzen.

Ihr abschließender Tipp: Sich gezielt ein Rollenmodell suchen, das eine positive Einstellung zum Älterwerden vermittelt.