Interview

Ellen Cornely-Peeters - Wechseljahresberaterin

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im August 2024

Artikelbild Ellen Cornely-Peeters - Wechseljahresberaterin

Wir haben mit Ellen Cornely-Peeters über Ihre langjährige Arbeit als Wechseljahre Beraterin gesprochen. Sie ist u.a. zertifizierte Wechseljahre Beraterin, Mikronährstoff Coachin und Fachkraft der Hormon-Selbsthilfe. Sie bietet Einzelcoachings und Workshops an mit Schwerpunktthemen, wie Orientierung und Sicherheit geben, Ernährungsumstellung oder Hormonausgleich. Sie hat zudem das sehr erfolgreiche Buch “Ach Meno! Eine Wechseljahre-Beraterin macht Mut” geschrieben.

Wie kam es dazu, dass Sie Wechseljahre Beraterin geworden sind?

Nun ja, das hätte ich mir mit 38 auch nicht träumen lassen. Doch mit 42 kam alles anders.
Ich selbst hatte mit Ende 30 mit sehr belastenden, körperlichen und seelischen Symptomen zu kämpfen, die mein Leben ganz schön durchschüttelt haben. Ich rannte von Arzt zu Arzt- doch niemand fand die Ursache. Ich kam mir vor wie ein Hypochonder. Das Problem waren für mich jedoch nicht die Symptome allein, es war das nicht ernstgenommen werden von der Schulmedizin. Die große Verunsicherung, mit der ich zu kämpfen hatte. Die Hilflosigkeit, das Alleingelassen werden mit meinen Sorgen und Ängsten. Ganz nach dem Motto, machen Sie doch mal Urlaub, dann wird das schon wieder. So habe ich mich selbst auf die Suche nach Antworten gemacht.


Zu dieser Zeit war es nicht leicht, an Informationen zu kommen, zumal ich ja erst einmal herausfinden musste, wonach ich eigentlich suchte. Erst die Eingabe aller Symptome in die Browsersuchleiste des www. ergab dann den Treffer: WECHSELJAHRE. Ich war schockiert. Ich, Anfang 40, in den Wechseljahren?! Darauf war ich tatsächlich nicht vorbereitet. Wechseljahre sind doch was für „alte Frauen“, so um die 50. My God. Wie naiv ich damals war. Je tiefer ich ins Internet und in die Literatur eintauchte, desto verwirrender wurde es. Daher habe ich mich zur Weiterbildung als qualifizierte Wechseljahreberaterin entschlossen. Schon das erste Präsenzwochenende war eine Erleuchtung für mich.
Inspiriert und fasziniert durch die Erkenntnisse über die Physiologie der Frau und das Frauenbild in der Gesellschaft während dieser Zeit habe ich die Wichtigkeit der Aufklärung für ALLE Frauen erkannt. 2009 ging ich mit meiner Beratungspraxis für ganzheitliche Frauengesundheit und Prävention in Gummersbach (NRW) an den Start.

Mit meinem Fachwissen, den Erkenntnissen über die ganzheitliche Betrachtung der Frauengesundheit und meinen persönlichen Erfahrungen begleite ich ratsuchende Frauen durch ihre persönlichen wechselhaften Zeiten.

Was ist Ihr Hauptanliegen in Ihrer Beratung?

Mein Anliegen ist es, individuelle und vor allem ganzheitlich orientierte Beratung anzubieten, um Frauen darin zu unterstützen, die physischen, emotionalen und psychologischen Veränderungen, die mit den Wechseljahren einhergehen, gut meistern zu können. Dies beinhaltet die Bereitstellung von Informationen, Empfehlungen und praktischen Strategien zur Linderung von Symptomen und die Förderung eines gesunden Lebensstils. Als Wechseljahreberaterin bin ich vor allem Zuhörerin, Aufklärerin, Mutmacherin und Impulsgeberin und damit eine wichtige und wertvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Versorgung. Es ist so wichtig, dass Frauen einen „geschützten Raum“ bekommen, in dem sie sich wahrgenommen , verstanden und ernstgenommen fühlen. Ohne Angst vor Repressalien haben zu müssen.

In der Beratung kommen auch Themen zur Sprache, die nicht einmal mit der besten Freundin besprochen werden. Eine Wechseljahreberatung bietet Klärung, Orientierung und mehr Handlungssicherheit für diese Lebensphase.

Mein Anliegen ist es, individuelle und vor allem ganzheitlich orientierte Beratung anzubieten, um Frauen darin zu unterstützen, die physischen, emotionalen und psychologischen Veränderungen, die mit den Wechseljahren einhergehen, gut meistern zu können. Oft finden die Frauen durch einen Zufall heraus, dass es einen Zusammenhang mit der Hormonumstellung geben könnte. Das betrifft im Besondern die Frauen von Ende 30 bis Ende 40. (...) zumindest ein Zuschuss für das individuelle Gespräch wäre mehr als wünschenswert.

Ellen Cornely-Peeters
Ellen Cornely-Peeters - Wechseljahresberaterin

Welche Lücken im Gesundheitssystem schließen Wechseljahre Beraterinnen?

Der Bedarf an qualifizierter Beratung ist riesig, denn ausnahmslos alle Frauen kommen in die Wechseljahre, wenn sie das entsprechende Alter erreicht haben. Das sind zurzeit ca. 11 Mio. Frauen zwischen 40 und 59. Der Leidensdruck ist oft groß.

Diese große hormonelle Umstellungsphase mit all ihren Herausforderungen ist in der Schulmedizin nur Randthema und nicht Gegenstand der medizinischen Ausbildung. Wechseljahre sind ja persé keine Krankheit, können aber Symptome hervorrufen, die eine Krankheit vermuten lassen.

So erleben viele Frauen frustriert, dass ihnen bei ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt nicht nachhaltig geholfen wird. Eine spezialisierte Wechseljahreberaterin füllt diese Beratungslücke.
Eine fundierte Beratung bietet Klärung, Orientierung und mehr Handlungssicherheit für diese Lebensphase und ist somit eine wichtige Ergänzung zur schulmedizinischen Versorgung.

Welche Rolle spielen Hausärzt:innen und Gynäkolog:innen in Bezug auf die Wechseljahre?

Die Wechseljahre sind nicht Gegenstand der medizinischen Ausbildung. Auch nicht bei den Fachärzten für Gynäkologie. So herrscht bei den Haus- wie bei den Fachärzten oft großes Nichtwissen über die Vielfältigkeit der Symptome vor, die durch die Hormonumstellung begründet sind.Und damit auch über die Auswirkungen auf Körper, Geist und Seele. Mit nicht unerheblichen Folgen für die Betroffen.

Daher ist wichtig, dass Frauen selbst genau Bescheid wissen, was in ihrem Körper vorgeht. Dann können sie ihre Symptome besser verstehen, zuordnen und gut vorbereitet mit ihren Ärzten sprechen.

Welche Reise haben die Frauen schon hinter sich, wenn sie bei Ihnen anklopfen?

Vielen Frauen geht es so, wie auch mir damals. Da Ihnen der Zusammenhang ihrer Symptome nicht bewusst ist, haben Sie entsprechend Ihrer Beschwerden meist schon diverse Ärzte aufgesucht, die nicht nachhaltig helfen konnten. Sei es der Kardiologe, der Orthopäde, der Urologe. Oft finden die Frauen durch einen Zufall heraus, dass es einen Zusammenhang mit der Hormonumstellung geben könnte. Das betrifft im Besondern die Frauen von Ende 30 bis Ende 40. Sie rechnen einfach nicht damit, dass die Wechseljahre so früh beginnen können.

Können Sie einen typischen Arbeitsalltag bzw. einen typischen Fall beschreiben?

Hierzu möchte ich sehr gerne auf mein Buch verweisen, dass 2021 im KiWi Verlag erschienen ist: „Ach Meno! Eine Wechseljahre-Beraterin macht Mut“ . Hier finden sich viele Beispiele aus dem Beratungsalltag. Ebenso die wichtigsten 100 Fragen und Antworten rund um die Wechseljahre. Ein hilfreicher Tourguide durch die wechselhaften Zeiten. Für Frauen und Männer!

Geben Sie Ihre Beratung online oder offline und warum?

Ich biete beides an. In Präsenz, vor Ort, für alle Frauen, die das persönliche Gespräch bevorzugen. Einige nehmen dafür eine weite Anreise in Kauf. Online für alle, für die der Reiseaufwand auf Grund der Entfernung zu groß wäre. So kann ich auch Frauen unterstützen, die im Ausland leben.

Empfehlung

Ach Meno!

von Ellen Cornely-Peeters. Eine Wechseljahresberaterin macht Mut.

Sie bieten sowohl Gruppen- als auch Einzelcoaching an. Was ist beliebter? Wem würden Sie welche Art des Coachings empfehlen?

Die Wechseljahre sind ein sehr individuelles Erleben. Jede Frau erlebt und empfindet die hormonelle Umstellungsphase anders. Jede steckt in ihrem individuellen Lebensentwurf und hat ihre ganz individuellen Herausforderungen zu meisten. So liegt auch die Entscheidung für das Setting bei jeder Einzelnen.

Was beliebter ist, vermag ich nicht zu beurteilen, da ich keine Kurse bzw. Gruppencoachings anbiete. Darüber hinaus biete ich jedoch Vorträge an. Sei es im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, auf Gesundheitstagen, Frauenmessen etc. - „Mädelsabende“ für Frauen, die zu sich nach Hause einladen, um mit Ihren Kolleginnen und/ oder Freundinnen in vertrauter Atmosphäre mehr über die Wechseljahre zu erfahren, sind sehr beliebt.

Wechseljahresberatung ist in Deutschland noch nicht sehr bekannt. Woher wissen die Frauen, dass es Sie gibt? Über welche Wege kommen sie auf Sie zu?

Zu Beginn meiner Tätigkeit wurde ich vor allem durch Pressemitteilungen, Interviews in diversen Frauenzeitschriften und Weiterempfehlungen bekannt. Mein Buch „Ach Meno! Eine Wechseljahre-Beraterin macht Mut“, das 2021 im KiWi Verlag erschienen ist, hat meinen Bekanntheitsgrad um ein Vielfaches erweitert. Auch Dank der „MenoBubble“ in Social Media, zahlreicher Dokumentationen und Reportagen im Fernsehen, die Wechseljahre im Bundestag… werden die Frauen auf Beraterinnen aufmerksam.

Um das Angebot der Wechseljahreberatung bekannter und für alle Frauen zugänglich zu machen, haben wir im Frühjahr dieses Jahres den „Deutschen Verband für Wechseljahreberatung e.V.“ (DVW) gegründet. Er geht aus dem losen Verband der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft “Frau im Wechsel” hervor, der schon 2014 die Arbeit aufnahm.

Zu mir kommen die Frauen aus eigenem Ansporn oder auf Empfehlung einer Freundin, die schon bei mir war. Viele haben mein Buch gelesen und suchen nun das persönliche Gespräch. Nicht selten kommt der Tipp vom Partner oder der Partnerin, die meine Homepage oder meinen Social Media Kanal gefunden haben. Aber auch von den Kindern, die sich über „das seltsame Wesen“ an Ihrer Seite wundern und recherchiert haben.

Was kostet eine Beratung eigentlich? Und glauben Sie, dass Ihre Beratung irgendwann von den Krankenkassen erstattet wird?

Ich weiß nicht, was andere Beraterinnen berechnen, aber ich schätze, dass eine Beratungseinheit (eine Stunde) im Durchschnitt um die 80 Euro kostet. Ob es perspektivisch erstattet wird? Ich bin nicht sicher. Wechseljahre sind ja keine Krankheit. Da einige Krankenkassen sich auch Gesundheitskasse nennen und die Gesundheitsprävention mehr in den Fokus rücken, ist in diesem Rahmen noch viel Luft nach oben. Daher wäre zumindest ein Zuschuss für das individuelle Gespräch mehr als wünschenswert.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was müsste sich ändern in unserem System in Bezug auf die Wechseljahre?

Mein innigster Wunsch ist es, dass Wechseljahreberatung als Berufsform anerkannt und die individuelle Wechseljahreberatung durch qualifizierte Beraterinnen als fester Bestandteil der präventiven Gesundheitsförderung für Frauen etabliert wird.

Was war Ihr bester Menotpause Moment (z.B. ein Moment in dem Sie gemerkt haben, wie sehr Sie einer Frau helfen konnten)?

In 15 Jahren Beratungstätigkeit habe ich viele beste Momente erleben dürfen. Das macht mich wirklich glücklich und bestätigt die Wichtigkeit meiner Arbeit.
Der beste Moment ist für mich immer dann, wenn ich bemerke, dass die Frauen sich während des Gespräches entspannen und am Ende gestärkt, mit Zuversicht und einem Lächeln auf den Lippen nach Hause gehen.

Vielen Dank!

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