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Interview

Peggy Reichelt: Vom eigenen Interesse am gesunden Altern zum Tabubrecher für die Wechseljahre

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im September 2024

Artikelbild Peggy Reichelt: Vom eigenen Interesse am gesunden Altern zum Tabubrecher für die Wechseljahre

Peggy Reichelt: Gründerin xbyx

Wechseljahresexpertin Peggy Reichelt spricht offen über die Menopause und zeigt auf, wie Frau sich beschwerdefrei auf den neuen Lebensabschnitt freuen und gesund alt werden kann.

Liebe Peggy, wie bist du dazu gekommen, dich beruflich mit dem Thema Wechseljahre zu beschäftigen?

XbyX entstand aus meinem eigenen Interesse am gesunden Altern. Mich trieb die Frage um, wie ich aktiv und fit in meinen 80ern ankomme. Dabei spielen die Wechseljahre eine zentrale Rolle. Jedoch gab es 2018 in Deutschland kaum leicht zugängliche, fundierte Informationen rund um Wechseljahre. Vor allem über deren Anfänge – die Perimenopause, wo sich die Bedürfnisse unseres Körpers vehement verändern – wurden nirgends thematisiert. Ich beschloss, dies zu ändern und die Wechseljahre aus ihrer Tabuecke zu holen.

Aufklärung und Wissensvermittlung sind daher bis heute der Kern unserer Marke XbyX – Women in Balance. Wissen empowered uns, ist moderner Feminismus und erlaubt jeder Frau, ganz individuell Entscheidungen für ihren Körper zu treffen. Wir möchten, dass Frauen ihre zweite Lebenshälfte aktiv, selbstbewusst, gesund leben und die Wertschätzung erfahren, die sie verdienen. Dazu gehört neben Wissen auch Austausch und Sichtbarkeit – daher unser jährlicher Pro-Age Event.

Was hat dich dazu bewogen, ein Buch zum Thema Wechseljahre zu schreiben?

Die Wechseljahre haben leider immer noch ein echtes Imageproblem. Obwohl sie eine absolut natürliche Veränderung des weiblichen Körpers bedeuten, sind sie so unbeliebt, dass kaum eine(r) darüber sprechen mag. Aufklärung ist deswegen meiner Meinung das, was wir am meisten benötigen, um diese so entscheidende Lebensphase zu entstigmatisieren. Dazu möchte ich mit meinem Ratgeber-Buch beitragen. Am Ende ist hoffentlich jede Leserin eine neue ProAge-Botschafterin, damit das Thema Wechseljahre endlich seinen längst überfälligen, natürlichen Platz in der Mitte der Gesellschaft erhält.

Kannst du den Kern des Buches beschreiben? Was macht ein gutes Buch über die Wechseljahre aus?

Das Buch ist als Nachschlagewert gedacht – egal ob Perimenopause oder Postmenopause – bis ins hohe Alter. Ich möchte Frauen befähigen, ihren individuellen Weg durch die Wechseljahre zu finden. Es nimmt sie an die Hand und führt sie, Kapitel für Kapitel, mithilfe von Fakten, Körperwissen sowie unzähligen alltagstauglichen Ernährungs- und Sporttipps, Rezepten und Übungen, durch diesen hormonellen Umbruch hin zu einem besseren Körperbewusstsein.

Mein größter Wunsch: ganz viele Eselsohren, Markierungen, Post-its in jedem Buch – dann ist mein Ziel, ein hilfreiches Nachschlagewerk für jede Frau ab 40 zu schaffen, gelungen und ich weiß: Ich habe ein für viele Frauen wertvolles Buch über die Wechseljahre geschrieben.

Welche Frau sollte sich das Buch unbedingt besorgen? Für wen ist das Buch?

Es ist ja nie zu früh, sich über seinen Körper zu informieren, daher eigentlich für alle Frauen. Realistisch, gerne ab Mitte 30, Anfang 40. Es ist wahnsinnig individuell, wann die hormonellen Veränderungen starten. In diesen frühen Jahren lässt sich jedoch eine hervorragende Basis legen, die uns auf die Perimenopause vorbereitet und uns geschmeidiger durchsegeln lässt. Darunter Muskelaufbau, mentale Stabilität, gesundes Essen und erholsamer Schlaf. 

Genauso ist es aber auch mit 60, 70 oder 80 noch nicht zu spät, etwas in Richtung gesunden Lebensstil zu verändern, wenngleich die eigene Menopause schon eine Weile zurückliegt. Viele im Buch beschriebene Themen wie Gelenkschmerzen, Gewichtszunahme oder trockene Vaginalhaut begleiten Frauen oft bis ins hohe Alter.

Du beschreibst die 10 wichtigsten Symptome und was man dagegen tun kann. Was ist mit den langfristigen Risiken, die durch die Wechseljahre entstehen? Eine Befragung von uns hat gezeigt, dass Frauen darüber kaum Bescheid wissen.

Absolut, und das gänzlich unabhängig davon, ob eine Frau Symptome hat oder nicht. Osteoporose, Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Frauen haben mit steigendem Alter ein höheres Risiko, daran zu erkranken. Daher ist spätestens ab den Wechseljahren ein gesunder – oder zumindest gesünderer – Lebensstil das A und O, um gesund zu altern. Auch regelmäßige Check-ups gehören dazu. 


Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Einfluss der Wechseljahre auf das Berufsleben. Zu viele Frauen scheiden zu früh aus dem Berufsleben aus, treten kürzer oder schlagen Beförderungen aus. Die Ergebnisse unseres MenoSupport Forschungsprojekts, das wir gemeinsam mit zwei Berliner Hochschulen durchgeführt haben, zeigen hier konkreten Handlungsbedarf für Unternehmen und Politik. 

Wie wichtig ist das Medium Buch für Frauen noch bei dem Thema Wechseljahre (im Zeitalter des Internets)?

Ganz besonders! Viele wünschen sich etwas Habtisches, wo sie rein kritzeln und mal eben nachschlagen können. Zudem steigt mit Zunahme von Missinformation im Internet und Halbwahrheiten auf Social Media der Wunsch nach verlässlichen, gut recherchierten und fundierten Quellen. 

Hast du das Gefühl, der Blick auf das Thema Wechseljahre und das Bewusstsein haben sich in den letzten Jahren (positiv) verändert?

Ja, zum Glück! Es ist so viel passiert. In Unternehmen werden sie zunehmend thematisiert; mit den Healthcare Frauen e.V. arbeiten wir an einer Führungskräfte-Studie. Selbst in der Politik bewegt sich langsam ein wenig. Allerdings nimmt das Thema noch lange nicht seinen natürlichen Platz im Bewusstsein aller Menschen ein. Die Wechseljahre gehen Frauen wie Männer gleichermaßen an. Indem auch Partner, Kollegen, Freunde und Brüder besser Bescheid wissen, welche Herausforderungen uns Frauen in dieser Zeit (möglicherweise) erwartet, können sie gezielter unterstützen. Wenn wir einfach erschöpft sind, weil wir z. B. schlecht schlafen und uns der ganze Körper weh tut. Wenn uns die optischen Veränderungen zu schaffen machen oder wir schlichtweg mies gelaunt sind. Oft genügt es schon, wenn das Umfeld Verständnis zeigt und man weiß, dass man nicht allein ist. Vor allem aber sollte keine Frau sich am Arbeitsplatz aus Scham verstecken oder gar krankmelden müssen. Eine offene Kommunikation über die Wechseljahre mit wem auch immer ist essenziell, um das Thema endlich aus der Tabuzone zu heben.

Welchen Rat würdest du Frauen geben, die sich noch am Anfang der Wechseljahre befinden und sich von den vielen Informationen überfordert fühlen?

Sich erst einmal entspannen. Keine Veränderung kommt über Nacht. Die hormonelle Umstellung ist ein Prozess, der sich über einen Zeitraum von vielen Jahren hinzieht. Schließlich heißen die Wechseljahre nicht umsonst so. Plus: Nicht jede Frau verspürt Symptome.

Ein guter Einstieg, um mehr mit sich, dem eigenen Körper und seinen Bedürfnissen in Kontakt zu kommen, ist ein Zyklustracker. Änderungen wie Zykluslänge und -abstand, Intensität der Blutungen, PMS & Co werden uns so bewusst. Zudem regelmäßig ein Minitagebuch führen und Dinge aufschreiben wie: Wie fühle ich mich (körperlich und geistig)? Wie viel Kraft habe ich heute? Habe ich irgendwelche speziellen Bedürfnisse oder Gelüste? Dann werden die ersten zyklischen Veränderungen natürlich und ohne Stress bewusst. Wir haben dafür eine Vorlage entwickelt, die helfen kann.

Empfehlung

„Women in Balance"

„Women in Balance – Die 10 häufigsten Symptome der Wechseljahre und was Frau dagegen tun kann”, Ratgeber Buch.

Was ist (immer noch) das große Missverständnis in Bezug auf die Wechseljahre?

Am gravierendsten empfinde ich die Scham, mit der sich so viele Frauen konfrontiert sehen. Viele empfinden die körperlichen Veränderungen, die die hormonelle Umstellung mit sich bringt, als Makel. Hitzewallungen sind peinlich. Erschöpft sein gehört sich nicht. Schlecht drauf oder gereizt sein schon gar nicht. Ich sage: Diese Glaubenssätze gehören in die Mülltonne. Lasst uns mutig und frei über alles sprechen, was uns beschäftigt. Indem wir Frauen uns offen darüber austauschen, erschaffen wir ein Netzwerk, das uns hält und in dem wir einander unterstützen. So verliert das Thema auch sein Schreckens-Image und findet seinen natürlichen Platz in der Gesellschaft, wo es längst hingehört. 

Lasst uns mutig und frei über alles sprechen, was uns beschäftigt. Indem wir Frauen uns offen darüber austauschen, erschaffen wir ein Netzwerk, das uns hält und in dem wir einander unterstützen.

Peggy Reichelt

Erst Nahrungsergänzungsmittel, dann das Buch - was kommt als nächstes?

Wir bieten seit Beginn schon immer unsere Video-Programme an. Darunter Kurse zu Darmgesundheit, hormoneller Balance, Schlaf sowie diverse Sportprogramme. Davon wird es natürlich noch mehr geben. Ebenso bauen wir kontinuierlich unser Produktportfolio aus.

Außerdem findet am 19. Oktober 2024 bereits zum 2. Mal unser Pro-Age Event in Berlin statt. Mit inspirierten Vorträgen, Workshops, Erlebniswelt und ganz viel Austausch. Rund um alle Themen, die uns Frauen beschäftigen: von Hormonen über Ernährung und Ayurveda bis zur Nährstofftherapie, Hautpflege und Longevity. Die Pro-Age Bewegung liegt mir besonders am Herzen, viel zu oft wird die Weisheit älterer Frauen ignoriert.

Unser Name ist auch unser Motto: wir lassen uns nicht von den Wechseljahren aufhalten. Was ist dein Me_not Moment bzw. was ist dir beim Thema Wechseljahre wichtig?

Ich finde es ganz furchtbar, wenn ich Sätze höre wie „Das kann ich nicht mehr, dafür bin ich zu alt“. Wer das denkt, ist alt. Unsere Körper sind kleine Wundermaschinen. Die können sich super gut umstellen und anpassen – auch im fortgeschrittenen Alter. So können wir ganz getrost mit 65 mit Surfen anfangen oder mit 70 mit Kraftsport. Mentale und körperliche Fitness sind auch im Alter möglich. Auch wenn man dafür immer mehr tun muss.

Ich spüre heute, mit fast 50, wenn ich Schlaf, Ernährung, Sport nicht priorisiere. Wenn ich nicht regelmäßig meine Balance und Flexibilität trainiere, schmerzen mir Rücken und Knie. Das war früher nicht so, da konnte ich aus dem Stand mal eben zehn Kilometer rennen, ganze ohne Warm-up und Stretching. Wir müssen unseren Lebensstil anpassen, akzeptieren, dass sich der Körper im Alter verändert. Ihn besser pflegen und unterstützen. Darum sind mir im Women in Balance Buch die  „fünf Säulen der Wechseljahres-Balance“ so wichtig – ganz unabhängig davon, ob einen Symptome plagen oder nicht:

  1. Vielfältige Ernährung mit allen wichtigen Nährstoffen
  2. Entspannung, Ruhepausen und ausreichend Schlaf
  3. Hormone bestmöglich ausbalancieren
  4. Alltagsbewegung und regelmäßiger (Kraft-)Sport
  5. Eigene Grenzen respektieren und einfordern


Vielen Dank Peggy für das tolle Interview!

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